Spenden
Pakistanischer Bischof: Jüngste Gewaltwelle gegen Christen markiert Wende im interreligiösen Dialog

Pakistanischer Bischof: Jüngste Gewaltwelle gegen Christen markiert Wende im interreligiösen Dialog

01.12.2023 aktuelles
Die christenfeindlichen Ausschreitungen Mitte August in der Stadt Jaranwala markieren nach Auffassung von Erzbischof Sebastian Francis Shaw aus Lahore einen Wendepunkt im Dialog zwischen Christen und Muslimen in Pakistan: „Viele Muslime haben jetzt das Gefühl, dass Vorfälle wie in Jaranwala nicht das Bild des Landes prägen dürfen. Muslimische Gelehrte haben sich zum ersten Mal auf unsere Seite gestellt und unterstützen uns“, erklärte Shaw im Gespräch mit KIRCHE IN NOT.

 

Der Erzbischof hielt sich anlässlich der von KIRCHE IN NOT initiierten Gebets- und Solidaritätsaktion „Red Wednesday“ Ende November in Deutschland auf, wo er unter anderem in Mainz sowie in den Kathedralen von Passau und Regensburg sprach.

Sebastian Shaw, Erzbischof von Lahore (Pakistan).
Shaw leitet die Erzdiözese Lahore in der Provinz Punjab im Osten Pakistans. In der Region war es am 16. August zu schweren Übergriffen auf Christen gekommen. Auslöser waren Gerüchte, wonach zwei Christen den Koran entehrt hätten. Bei den Ausschreitungen wurden nach Angaben der Projektpartner von KIRCHE IN NOT hunderte von Wohnhäusern, über 20 Kirchen verschiedener Konfessionen und ein christlicher Friedhof zerstört.

 

Wohnhäuser, Kirchen und ein Friedhof zerstört

Personen kamen bei den Ausschreitungen glücklicherweise nicht zu Schaden. Berichten zufolge hatten muslimische Nachbarn christliche Bewohner vorgewarnt, so dass sie sich auf dem Land in Sicherheit bringen konnten. Dort mussten sie einige Nächte unter freiem Himmel kampieren. Bei der Rückkehr fanden sie ihre Häuser verwüstet vor.

Brennende Barrikade vor einer Kirche in Jaranwala in Pakistan.
„Am Tag nach den Ausschreitungen hatten wir in Lahore eine Pressekonferenz mit einigen muslimischen Gelehrten“, berichtete Erzbischof Shaw, der bis vor Kurzem Kommissionsvorsitzender der Pakistanischen Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog war. „Ich zeigte einem der muslimischen Geistlichen Bilder von den Kindern, die auf den Feldern schlafen mussten, und fragte ihn: ,Wir Christen sind nur zwei Prozent der Bürger Pakistans, ihr seid 97 Prozent. Warum tun eure Leute uns das an?’“

 

In Pakistan gibt es nur zwei Prozent Christen

Der muslimische Vertreter sei von den Vorfällen sehr berührt gewesen und habe sich bei der Pressekonferenz öffentlich für die Gewaltexzesse entschuldigt. Eine muslimische Gruppe habe für die christlichen Kinder, deren Schulsachen bei den Unruhen verbrannt wurden, Schulbücher gespendet. Das seien wichtige Zeichen, auch gegenüber extremistischen Muslimen.

Christen aus Jaranwala sind aus ihrer Stadt geflohen und haben zum Teil unter freiem Himmel kampiert.
Nach den jüngsten Ausschreitungen seien zwar zahlreiche mutmaßliche Täter verhaftet worden, vor allem Mitglieder der dschihadistischen Partei „Tehreek-e-Labbaik Pakistan“ (TLP). Doch die pakistanischen Behörden täten sich häufig schwer, diese Extremisten zu bestrafen, da sie Unruhen in anderen Landesteilen fürchteten, sagte Shaw: „Traditionell versuchen sie, eine Versöhnung zwischen den Christen und den Angreifern zu erzwingen, und das werden sie vielleicht auch dieses Mal vorschlagen.“

 

Solidarität der Muslime wirkt sich auch auf Regierung aus

Umso wichtiger sei es, dass sich jetzt muslimische Religionsvertreter mit den Christen soldarisierten und die Verfolgung religiöser Minderheiten in Pakistan anprangerten. Das sei die Frucht eines jahrelangen interreligiösen Dialogs, der anfangs auf viel Ablehnung gestoßen sei. „Nach mehreren Jahren haben viele muslimische Gesprächspartner nun ein Verständnis dafür, was wir tun und was wir gemeinsam erreichen können.“

Nicht nur Kirchen, sondern auch Wohnungen von christlichen Familien wurden durch den wütenden Mob zerstört.
Als eine weitere Reaktion auf die jüngste Eskalation hätten islamische Geistliche eine nationale interreligiöse Konferenz in der Hauptstadt Islamabad geplant, berichtete Erzbischof Shaw: „Auf diese Weise nehmen sie auch Einfluss auf die Regierung, damit diese sich mehr für den Dialog und eine bessere Gesellschaft in Pakistan einsetzt.“

 

Interreligiöser Dialog trägt Früchte

KIRCHE IN NOT unterstützt den Dialog zwischen Christen und Muslimen in Pakistan. Ein Beispiel ist das „Friedenszentrum“ in Lahore, in dem zahlreiche Begegnungen und Schulungen stattfinden. In diesem Jahr hat KIRCHE IN NOT unter anderem ein interreligiöses Fußballturnier unterstützt, das von den Salesianern Don Boscos in Khushpur organisiert wurde. Nach den Ausschreitungen in Jaranwala hat KIRCHE IN NOT ein Hilfsprogramm gestartet, um die betroffenen Christen beim Wiederaufbau zu unterstützen und mit notwendigen Gütern zu versorgen.

Bitte unterstützen Sie die bedrängte christliche Minderheit in Pakistan mit Ihrer Spende – online oder auf folgendes Konto:

Empfänger: KIRCHE IN NOT
LIGA Bank München

IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02
BIC: GENODEF1M05

Verwendungszweck: Pakistan

Pakistan – Der gefährliche Alltag der Christen

Weitere Informationen