Kardinal Parolin zeigte sich sichtlich bewegt, als er bei einer Begegnung mit Gläubigen unter anderem die Geschichte eines Christen hörte, der drei Brüder und einen Onkel bei terroristischen Überfällen verloren hat. Mehrere Ordensleute berichteten, welcher Lebensgefahr sie täglich ausgesetzt sind. „Ich bin gekommen, um euch allen zu sagen, dass Ihr nicht allein seid“, erklärte Parolin den Teilnehmern zufolge. „Euer Leiden, eure Ängste, aber auch eure Hoffnungen liegen der Kirche am Herzen.“ Auch Papst Leo XIV. gehe die Situation in Mosambik zu Herzen, betonte der vatikanische Staatssekretär.
Kardinal Parolin hielt sich mit einer vatikanischen Delegation vom 5. bis 10. Dezember in Mosambik auf, zwei Tage davon in der umkämpften Region Cabo Delgado. Anlass der Reise war der 30. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Mosambik und dem Heiligen Stuhl. Vorausgegangen war das Ende eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs; die katholische Kirche in Mosambik hatte beim Abschluss eines Friedensvertrags vermittelt.
Der Bischof von Kontagora im Nordwesten von Nigeria, Bulus Dauwa Yohanna, ruft die Bevölkerung nach der Entführung von über 300 Kindern und Lehrkräften einer katholischen Schule dazu auf, keine Selbstjustiz zu üben: „Wir predigen Hoffnung und raten von Vergeltung ab, aber wir verlangen Gerechtigkeit.“ Der Bischof äußerte sich bei einem Besuch des Sicherheitsberaters der nigerianischen Regierung, Nuhu Ribadu, in der Region. In einer Videobotschaft, die er KIRCHE IN NOT (ACN) übermittelte, sagte Bischof Yohanna: „Unsere Herzen sind gebrochen, aber unser Glaube bleibt fest.“
Bischof Yohanna steht in Kontakt mit den Eltern der Entführungsopfer aus Papiri, diese würden seelsorgerisch betreut. „Die Familien sind in großer Angst, sie wissen nicht, in welchem Zustand sich ihre Kinder befinden.“ Die Kirche verfolge keine politische Agenda, ihre Strategie sei vielmehr „anhaltendes Gebet, seelsorgliche Begleitung und Unterstützung“ für die betroffenen Familien, „in der Überzeugung, dass die Hoffnung selbst angesichts des tiefsten Leids lebendig bleiben muss“. Der Bischof wies im Gespräch mit Regierungsvertretern auch darauf hin, dass die kriminellen Banden die Menschen in der Region in ständige Angst versetzen. Sie trauten sich nicht mehr, ihre Felder zu bestellen, was die Versorgung mit Lebensmitteln gefährde.
Nigeria leidet seit Jahren unter Gewalt und Terror. Dschihadistische Gruppen wie Boko Haram oder der Islamische Staat – Westafrikanische Provinz (ISWAP) operieren vor allem im mehrheitlich muslimischen Norden des Landes. Ihre Gewalt richtet sich gegen Christen, aber auch gegen andere Bewohner, die ihrer radikalen Glaubenspraxis nicht folgen.
In ganz Nigeria wiederum sind bewaffnete Gruppen aktiv, die mit Entführungen und Erpressungen ihre Machenschaften finanzieren. Nigeria zählt KIRCHE IN NOT zufolge zu den Ländern, in denen am meisten Priester und Ordensleute entführt werden.
KIRCHE IN NOT unterstützt die christlichen Gemeinden Nigeria seit Jahren – unter anderem mit Mitteln für Ausbildung von angehenden Priestern und Ordensleuten, für die Betreuung von traumatisierten und vertriebenen Christen oder für die Arbeit katholischer Schulen, die auch bei Muslimen einen guten Ruf genießen.
Kardinal Woelki wies darauf hin, dass Christenverfolgung weltweit „kontinuierlich steigt“. Gläubige seien Angst, Terror und Gewalt ausgesetzt „in einem Ausmaß, dass wir uns nicht vorstellen können oder erleben wollen“. Christen seien die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft der Welt. Besorgt zeigte sich der Kardinal darüber, dass auch im „relativ sicheren Europa“ Sachbeschädigungen und Vandalismus gegenüber kirchlichen Einrichtungen sowie „Diskriminierung und Mobbing“ gegenüber Gläubigen zunähmen.
„Wie können wir mit dieser Situation umgehen“, fragte Woelki. Die christliche Antwort sei „beten, über verfolgte Christen reden und hoffen“. Auch im Hinblick auf Christenverfolgung gelte: „Schweigen hilft nur den Tätern.“ Gemeinsam könne man viel für verfolgte Christen tun, sagte Woelki: „Wir können und müssen Einfluss nehmen auf Politik und Wirtschaft.“
Als weltkirchlicher Gast war auf Einladung von KIRCHE IN NOT Bischof Wilfred Chikpa Anagbe aus Makurdi in Nigeria zum „Red Wednesday“ gekommen. Im bevölkerungsreichsten Staat Afrikas leiden Christen unter islamistischem Terror, kriminellen Banden und ethnisch-religiösen Konflikten. „Nigeria ist ein Land des lebendigen Glaubens und des unaussprechlichen Leids“, beschrieb Anagbe die Situation in seinem Heimatland. In den nördlichen und zentralen Regionen Nigerias fänden nahezu täglich Anschläge und Übergriffe statt: „Kirchen werden niedergebrannt. Dörfer werden überfallen. Familien werden auseinandergerissen. Und doch hält die Kirche Stand.“
Florian Ripka, der Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland, zeigte sich beeindruckt vom „Abend der Zeugen“ in Düsseldorf, der vom katholischen Fernsehsender EWTN live übertragen wurde: „Unsere Aktion ,Red Wednesday‘ zieht immer weitere Kreise, jedes Jahr machen mehr Pfarreien und Kirchen mit.“ Das schaffe nicht nur ein sichtbares Bewusstsein für die dramatische Christenverfolgung weltweit.
„Die Gemeinde hier in St. Suitbertus in Düsseldorf zeigt, wie es geht: ökumenisch zusammenstehen, beten, ein Ohr haben für die verfolgten Christen und zur Hilfe ermuntern“, sagte Ripka. „Für diesen Appell bin ich besonders Kardinal Woelki und allen Verantwortlichen sehr dankbar.“
Als Vertreter von KIRCHE IN NOT dankte Pater Benedikt Eble dem Bistum für die Gastfreundschaft am „Red Wednesday“ und erläuterte, wie die an diesem Abend erbetene Hilfe konkret aussehe: „In über 130 Ländern unterstützt KIRCHE IN NOT weit über 5000 Hilfsprojekte.“ So mache unser Hilfswerk vielerorts die Priesterausbildung erst möglich, leiste finanzielle Hilfe für Ordensfrauen, fördere den Aufbau von Gemeindezentren und Kirchen und unterstütze die kirchliche Medienarbeit. „Aufgrund unseres pastoralen Schwerpunkts tun wir das ganz ohne öffentliche Gelder oder Kirchensteuermittel“, ergänzte Pater Eble.
Zu dem zweistündigen Gebetsabend für verfolgte Christen am „Red Wednesday“ waren knapp 200 Gläubige in den Regensburger Dom gekommen. Sie erlebten ein Rosenkranzgebet mit Betrachtungen zu modernen Märtyrern und ein feierliches Pontifikalamt mit Weihbischof Josef Graf. Musikalisch berührend gestaltet wurde der Abend von der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik; die katholischen Sender K-TV und Radio Horeb übertrugen die Veranstaltung live.
Zum Hintergrund: Um die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Schicksal verfolgter und benachteiligter Christen zu lenken, werden seit 2015 rund um den „Red Wednesday“, der in diesem Jahr auf den 19. November fiel, Kirchen und staatliche Gebäude rot angestrahlt. Dazu zählten in den vergangenen Jahren unter anderem das Kolosseum und der Trevi-Brunnen in Rom, die Christusstatue in Rio de Janeiro, das österreichische Parlamentsgebäude sowie in Deutschland die Kathedralen in Augsburg, Dresden, Fulda, Paderborn, Passau und Regensburg. In diesem Jahr beteiligte sich erstmals das Europäische Parlament an der Aktion.
Informationen über die aktuelle Lage der Religionsfreiheit weltweit stellt KIRCHE IN NOT unter: www.religionsfreiheit-weltweit.de zur Verfügung.
Ebenfalls am 17. November hatten internationale Medien gemeldet, dass in Maga im nordwestlichen Bundesstaats Kebbi eine staatliche Schule überfallen wurde. Eine lokale Quelle, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben muss, bestätigte gegenüber KIRCHE IN NOT den Vorfall: „Gerade als wir dachten, es gäbe eine kleine Ruhepause bei den Morden und Entführungen, hat uns die Nachricht schockiert, dass etwa 25 Mädchen entführt worden sind, die genaue Zahl ist noch nicht bekannt.“ Bei dem Versuch, die Schülerinnen zu schützen, sei der stellvertretende Schulleiter getötet worden.
Die anonyme Quelle erklärte außerdem, dass der Bezirk, in dem sich die Schule befindet, einer der religiös vielfältigsten im Bundesstatt Kebbi sei. In mehreren Gemeinden im mehrheitlich muslimisch geprägten Norden Nigerias lebten zahlreiche Christen. Deshalb befänden sich unter den entführten Mädchen auch einige Christinnen, auch der ermordete Lehrer sei Christ gewesen.
Zu beiden Taten hat sich bislang noch keine Gruppierung bekannt; Beobachter weisen darauf hin, dass kriminelle Banden in der Region immer gewaltbereiter auftreten und ihre Taten stärker koordinieren. Auch sind im Norden Nigerias nach wie vor dschihadistische Gruppen wie Boko Haram oder der Islamische Staat Westafrika (ISWAP) aktiv.
Informationen von KIRCHE IN NOT zufolge gehört Nigeria weltweit zu den gefährlichsten Ländern für Priester und Ordensfrauen – es kommt regelmäßig zu Entführungen. Auch gab es in der Vergangenheit bereits mehrere Massenentführungen von Mädchen; der international bekannteste Fall ereignete sich im Jahr 2014 in Chibok, wo Dschihadisten 276 Schülerinnen entführten. Über 80 von ihnen gelten noch heute als vermisst.
Der Ende Oktober erschienene Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2025“ von KIRCHE IN NOT stuft Nigeria in die Kategorie „rot“ ein – das Land ist mit schweren, anhaltenden und systematischen Verletzungen der Religionsfreiheit konfrontiert. Diese treffen viele Christen, die rund die Hälfte der Einwohner Nigerias ausmachen. Gleichzeitig hält der Bericht fest: „Auch wenn Christen am meisten unter extremistischer Gewalt zu leiden haben, gehört zur Wahrheit auch, dass die Terrorgruppen fast ausschließlich in den Bundesstaaten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung aktiv sind und ihre Gewalt somit nicht nur Christen, sondern auch Muslime trifft.“
Die Zusammenfassung des Berichts „Religionsfreiheit weltweit 2025“ zum Herunterladen und die Länderberichte finden Sie unter: www.religionsfreiheit-weltweit.de
– Nigeria: Entführter Priester Alphonsus Afina wieder frei
– Katholisches Internat in Nigeria überfallen: Ein Toter und drei Entführte
– Nigeria: Bis zu 200 Tote bei Angriff auf Flüchtlinge
– Dutzende Tote bei neuer Angriffswelle
– Christentum im Norden Nigerias wächst
– Nigeria: Zwei Priester entführt
– Nigerianischer Erzbischof: Regierung muss Sicherheit der Bevölkerung verbessern
So haben am 6. Oktober im Dorf Kouala nahe der Stadt Fada N’Gourma im Südosten des westafrikanischen Landes Angreifer während des Sonntagsgottesdienstes einen Katecheten überfallen und verschleppt. Das berichteten Ansprechpartner von KIRCHE IN NOT, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben müssen. Die Terroristen hätten direkt auf den Katecheten abgezielt. „Die Absicht ist es, gezielt Angst unter Christen zu verbreiten“, so die Quelle. Nach Informationen von KIRCHE IN NOT wurde der Katechet später wieder freigelassen.
Ebenfalls am 6. Oktober wurden in Djibasso im Nordwesten von Burkina Faso nahe der Grenze zu Mali drei Schüler von bewaffneten Männern aus einem Bus gezerrt und hingerichtet. Nur wenigen Stunden später wurden auf der Straße zwischen Nouna und Dédougo Fahrgäste eines Busses von Angreifern beschossen. 15 Menschen starben; bei den Passagieren handelte es sich vorwiegend um Mitglieder der Pfarrei Solenzo im Bistum Nouna.
Bereits am 21. September war ein weiterer Katechet aus dem Bistum Fada N’Gourma auf dem Heimweg von einer Versammlung in Diabo in einen Hinterhalt geraten und getötet worden. In der Region kommt es häufig zu Überfällen auf Landstraßen.
Im aktuellen Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2025“, der am 21. Oktober erschienenen ist, warnt KIRCHE IN NOT mit Nachdruck vor der Misere in Burkina Faso. Seit 2015 haben Dschihadisten mehr als 20 000 Menschen getötet, zwei Millionen Menschen mussten fliehen.
Die Zusammenfassung des Berichts „Religionsfreiheit weltweit 2025“ können Sie hier kostenlos herunterladen: www.religionsfreiheit-weltweit.de
Immer mehr Christen würden aufgrund der aktuellen Lage das Land verlassen, stellte Mourad fest und warnte: „Die Kirche in Syrien stirbt. Es gibt keine Freiheit, weder religiöse Freiheit noch irgendeine andere.“ Die Kirche in Syrien versuche seit Jahren, die Abwanderung zu verhindern – auch dank Hilfe aus dem Ausland. Dies stoße jedoch an Grenzen, erklärte der Erzbischof im Hinblick auf die nach wie vor unklare Lage nach dem Sturz des Assad-Regimes: „Es ist nicht möglich, eine Migrationswelle einzudämmen, ohne zuvor ein klar definiertes Regierungssystem und ein solides Sicherheitssystem zu etablieren.“
Die Kirche gehe dabei mit gutem Beispiel voran: So würden zum Beispiel in Aleppo Christen ausgebildet um „eine politische Rolle zu übernehmen, wenn sich die Gelegenheit ergibt“, erklärte Mourad. Es sei „unerträglich“, dass sich die Christen in Syrien nach wie vor wie Fremde fühlten, obwohl sie seit Jahrhunderten Bürger des Landes seien.
An dem fünftägigen Ereignis beteiligen sich die Assyrische Kirche des Ostens, die chaldäische, syrisch-katholische und syrisch-orthodoxe Kirche. Das Programm umfasst Gebete, Prozessionen, Musik, Sport und kulturelle Veranstaltungen. Ziel ist es, die Einheit der Christen im Irak sichtbar zu machen und Hoffnung für die Zukunft zu geben.
Der IS kontrollierte von 2014 bis 2017 Teile der Ninive-Ebene. Mehr als 120.000 Christen mussten fliehen. Mit Hilfe von KIRCHE IN NOT (ACN) konnten viele nach der Befreiung in ihre Heimatstädte zurückkehren.
Erzbischof Warda würdigte besonders die Jugend, die das Festival mitgestaltet hat: „Ihre Zusammenarbeit ist ein sichtbares Zeichen für eine neue Zukunft. Was sie verbindet – ihr Glaube an Christus – ist stärker als alles, was sie trennt.“
Das Festival wird als entscheidend für die Zukunft des Christentums im Land angesehen und soll künftig jährlich stattfinden. Mit Blick auf die dramatisch gesunkene Zahl der Christen im Irak sieht Warda darin auch eine Botschaft an die Weltkirche: „Wir sind noch hier. Wir sind eins in Christus. Eine kleine und verwundete Kirche zeigt der Welt die Kraft der Einheit und den Mut des Glaubens.“
Wie die Polizei mitteilt, seien die Täter, die bislang noch nicht ermittelt werden konnten, über ein Fenster in das Pfarrhaus eingedrungen. Sie hätten Pfarrer Amadu zunächst einen Schlag auf den Kopf versetzt; laut Autopsiebericht ist der Geistliche erwürgt worden. Die Tat ereignete sich nur einen Tag vor der geplanten Abschiedsmesse des Seelsorgers, der in eine andere Pfarrei wechseln sollte.
Pfarrer Amadu war ein Projektpartner von KIRCHE IN NOT (ACN); unser Hilfswerk hatte unter anderem den Bau des Pfarrhauses in Kenema unterstützt und ihn bei einer Projektreise im Jahr 2022 besucht. „Damals war die Gemeinde so begeistert, dass Pfarrer Amadu bald in das neue Pfarrhaus einziehen würde“, schildert Ulrich Kny, Projektleiter von KIRCHE IN NOT, seine Eindrücke.
In Sierra Leone sind verschiedenen Schätzungen zufolge 20 Prozent der acht Millionen Einwohner Christen; die Bevölkerungsmehrheit gehört dem Islam oder Naturreligionen an. Die interreligiösen Beziehungen in dem Land gelten als ausgezeichnet. Umso mehr zeigten sich auch Angehörige anderer Religionen geschockt über den jüngsten Mord. In einer Erklärung teilte der Interreligiöse Rat von Sierra Leone mit: „Pfarrer Amadu war ein Mann des Friedens, des Mitgefühls und des unerschütterlichen Engagements.“ Sein Tod sei ein schwerer Schlag für das soziale Gefüge in Sierra Leone. „Wir trauern um einen Diener Gottes, dessen Leben der Förderung der Einheit, Hoffnung und der moralischen Führung gewidmet war“, heißt es in der Erklärung.
Florian Ripka, Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland, war kürzlich vor Ort, hat Projektpartner besucht und Gemeinden kennengelernt. Im Interview spricht er über Eindrücke, Herausforderungen und Hilfe für die katholische Minderheit.
Florian Ripka: Wir haben alle Bischöfe des Landes gesprochen. Unser Schwerpunkt lag besonders auf Regionen, in denen die katholische Minderheit lebt. So waren wir zum Beispiel in der Erzdiözese Vrhbosna, also der Gegend um die Hauptstadt Sarajewo, auch in Mostar und Banja Luka. Dort sieht man sehr deutlich, wie groß die Herausforderungen noch sind.
Wie sieht die Lage der Katholiken aktuell aus?
Die katholische Gemeinschaft ist im Vergleich zu früher stark geschrumpft. Vor allem junge Leute sind ausgewandert – häufig nach Kroatien oder in andere EU-Länder – weil sie dort bessere berufliche Perspektiven und eine sichere Zukunft sehen. In vielen Dörfern stehen Häuser leer, es gibt kaum Arbeit, die Infrastruktur ist teils immer noch vom Krieg gezeichnet. Die Gemeinden überaltern.
Die Gründe für die Auswanderung sind vielfältig: Die Inflation ist hoch, eine Familie braucht zum Überleben gut das Dreifache des Durchschnittslohns, auch Dinge des täglichen Bedarfs sind teuer. Aber was mich beeindruckt: Trotz all dieser Schwierigkeiten gibt es einen starken Zusammenhalt, ein sehr lebendiges kirchliches Leben und Menschen, die sagen: „Wir wollen hierbleiben.“
Es gibt noch „Nachwehen“ der kommunistischen Zeit. Damals hat das jugoslawische Regime viele kirchliche Gebäude enteignet, die teilweise immer noch nicht zurückgegeben wurden. Dann prägen nach wie vor ethnische Spannungen das Land, die auch entlang von religiösen Zugehörigkeiten verlaufen. Die katholischen Kroaten sind die kleinste Gruppe nach den muslimischen Bosniaken und den orthodoxen Serben. Das wirkt sich auch politisch aus, obwohl die Regierung versucht, jeder Ethnie ihren Platz einzuräumen. Dennoch sind Katholiken oft unterrepräsentiert und ihre Belange fallen unter den Tisch. Oft blockieren sich auch die Ethnien gegenseitig, und das führt zu Stillstand.
Welche Probleme sind Ihnen vor Ort am häufigsten begegnet?
Neben der wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit ist es das Gefühl vieler Menschen, vergessen zu sein. Sie sagen: „Die Welt kümmert sich nicht um uns.“ Diese Kombination – wirtschaftlich schwierig und politisch kompliziert – macht es schwer, eine sichere Zukunft zu planen. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur materiell helfen, sondern ganz klar signalisieren: Wir sind da, wir hören zu und wir stehen an eurer Seite. Es gibt gerade auch unter der Jugend den Wunsch, die Zukunft des Landes mitzugestalten.
Es geht um zweierlei: praktische Unterstützung – vor allem beim Aufbau von pastoralen Zentren, die überregional genutzt werden – und um geistliche Stärkung. Projekte für Kinder und Jugendliche, Sommerfreizeiten, Katechese, Begegnungsveranstaltungen: Das alles gibt den Menschen Mut, zu bleiben. Und es ist unglaublich wertvoll, wenn Spender in Deutschland erfahren, was mit ihrer Unterstützung konkret passiert.
Gab es Begegnungen, die Sie persönlich besonders berührt haben?
Ja, einige. Zum Beispiel habe ich mit Geistlichen aus Banja Luka gesprochen, die sich aufopferungsvoll um ihre sehr kleine Gemeinde kümmern. Die ethnischen Säuberungen im Balkankrieg waren in dieser Region sehr drastisch, sodass es heute kaum mehr Katholiken gibt. Es ist dem Bischof wichtig, dass die wenigen, die geblieben sind, seelsorglich betreut werden – auch wenn nur fünf Gläubige die heilige Messe besuchen.
Ganz anders ist es in Mostar, wo die Katholiken eine Mehrheit bilden. Hier sind die Kirchen voll, sonntags gibt es mehrere Gottesdienste. Es gibt viele junge Familien, die trotz desolater Wirtschaftslage aus dem Ausland wieder zurückkehren, weil sie hier noch gelebte christliche Werte vorfinden. Dafür nehmen sie auch finanzielle Nachteile in Kauf.
Ich wünsche mir einerseits, dass die Menschen ihren authentischen Glauben beibehalten. Andererseits hoffe ich, dass die tiefen Gräben, die in der Vergangenheit gerissen wurden, überwunden werden. Wir müssen sie und alle unterstützen, die für den Frieden kämpfen. Ich traue es nur der katholischen Kirche zu, hier etwas zu bewegen. Unser Auftrag ist es, sie dazu zu befähigen.
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Verwendungszweck: Bosnien und Herzegowina
– Bosnien und Herzegowina: „Katholiken werden in jeder Hinsicht benachteiligt“
– „Keine Gleichberechtigung für Katholiken in Bosnien und Herzegowina”
– „Das Land ist gespalten” – Interview mit Bischof Franjo Komarica
– Schwester Marija: Stärker als Kommunismus und Krieg
Wie würden Sie die aktuelle Lage in ihrem Exarchat beschreiben?
Sie wird immer dramatischer. Drohnen machen jeden Ort unsicher, auch für Zivilisten. Entlang der Frontlinie schlafen Menschen nachts im Freien aus Angst vor Angriffen. Ich habe Familien getroffen, die nur knapp Bombenexplosionen entkommen sind. Solche Erlebnisse erschüttern zutiefst.
Welche Veränderungen hat der Krieg für Ihre Kirche gebracht?
Vor der Invasion hatten wir mehr als 80 Pfarreien, heute sind nur noch 37 aktiv. Die übrigen sind geschlossen, besetzt oder zerstört. Die Gesetze der Besatzungsregierung verbieten jede Zugehörigkeit sowohl zur griechisch-katholischen als auch zur römisch-katholischen Kirche. Alle Kirchen dort sind geschlossen. Es ist verboten, sie zu besuchen.
Wie sieht die seelsorgliche Arbeit konkret aus?
Wir haben 53 Priester, acht Ordensfrauen und mehrere Familien- und Caritaszentren. Wir begleiten vor allem Menschen, die durch den Krieg traumatisiert sind: Kinder, die das Lesen oder Sprechen verlernt haben, Mütter gefallener Soldaten, Menschen, die alles verloren haben. KIRCHE IN NOT (ACN) unterstützt uns mit Schulungen für Seelsorger, um psychische Wunden zu heilen, und mit humanitärer Hilfe: Lebensmittel, Hygieneartikel, warme Zufluchtsorte im Winter.
Was gibt Ihnen Hoffnung in dieser Situation?
Dass Gott stärker ist als das Böse. Wir sehen das Leben durch die Brille des Paradieses: Früher oder später wird alles enden – und das Ende heißt Paradies. Jeder Tag ist eine Chance, einen Schritt in diese Richtung zu machen.
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Verwendungszweck: Ukraine
„Der jüngste Anschlag im Kongo war gezielt gegen Christen und den christlichen Glauben gerichtet. Die Täter verfolgen eine gezielte christenfeindliche Agenda. Unschuldige Menschen haben sich Samstagnacht in der katholischen Pfarrkirche zum Gebet versammelt. Jetzt sind viele von ihnen tot, darunter Frauen und Kinder. Andere wurden verschleppt, Häuser zerstört, Menschen für immer traumatisiert. Das ist Christenverfolgung im 21. Jahrhundert.
Internationalen Medienberichten zufolge haben in der Nacht des 26. Juli islamistische Rebellen einen Gottesdienst in der Kirche von Komanda in der nordöstlichen Provinz Ituri überfallen und dabei zahlreiche Menschen getötet. Anschließend hätten die Täter in umliegenden Häusern und Geschäften Feuer gelegt. Wie Zeugen berichten, sollen auch mehrere Christen entführt worden sein. Sicherheitskräfte und Militär seien erst eingetroffen, als der Angriff bereits vorbei gewesen sei, heißt es. Zu den Todesopfern gibt es unterschiedliche Angaben: Erste Berichte sprachen von mindestens 20 Getöteten, kongolesische Medien berichteten von 43 Todesopfern.
Das jüngste Massaker ereignete sich wenige Tage nach dem Waffenstillstandsabkommen der kongolesischen Regierung mit einer weiteren der zahlreichen im Land aktiven Rebellengruppen, der sogenannten M23-Gruppe. Diese wird von Ruanda aus unterstützt. Sie hatte im Osten der Demokratischen Republik Kongo zahlreiche Gebiete eingenommen, besonders in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu. Zahlreiche Menschen waren in Regionen wie Ituri weiter im Norden geflüchtet, wo nun der islamistische Angriff stattfand.
Um auf die Bedeutung der Religion in der Menschenrechtsdebatte aufmerksam zu machen, veröffentlicht KIRCHE IN NOT im Herbst die Neuauflage des Berichts „Religionsfreiheit weltweit“. Darin wird die Menschenrechts-Situation in über 190 Ländern analysiert. Weitere Informationen: www.religionsfreiheit-weltweit.de.
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