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Maria Schoßberg - das slowakische Nationalheiligtum

Maria Schoßberg - das slowakische Nationalheiligtum

Papst Franziskus auf den Spuren von Johannes Paul II.

13.09.2021 aktuelles
Wenn Papst Franziskus vom 12.-15. September die Slowakei besucht, wandelt er auch in den Fußstapfen seines großen Vorgängers Johannes Paul II. Gleich dreimal – 1990, 1995 und 2003 – machte der heilige polnische Papst Station in dem katholischen Land mit konfessioneller Vielfalt. 1995 feierte er eine heilige Messe beim Marienheiligtum von Maria Schoßberg (Šaštín), wo die Mutter der sieben Schmerzen verehrt wird. Papst Franziskus wird hier am Fest der Schmerzen Mariens (15. September) das heilige Messopfer feiern. Der Kirchenhistoriker Rudolf Grulich stellt uns diesen Wallfahrtsort, das slowakische Nationalheiligtum und seine Geschichte vor.
Basilika von den Sieben Schmerzen Mariens (Šaštín).
Maria Schoßberg liegt nicht weit vom mährischen Lundenburg an der tschechisch-slowakischen Grenze, nur 70 Kilometer nordöstlich von Wien, im slowakischen Teil des Marchfeldes und ist das Nationalheiligtum der Slowakei. Die Slowaken nennen es Šaštín, und die Ungarn, zu deren Reich der Stephanskrone bis 1918 die Slowakei gehörte, nennen es Sasvár. Trotz der Nähe zu Österreich und trotz der Stellung als slowakisches „Nationalheiligtum“ kennt aber bis heute kaum jemand im deutschen Sprachraum diesen Gnadenort, den 2010 auch eine Pilgergruppe von KIRCHE IN NOT besuchte.

 

Das Gelöbnis einer Gräfin

 

In Maria Schoßberg wird die Schmerzhafte Muttergottes verehrt, die Mutter der sieben Schmerzen, die Sedembolestna, wie sie die Slowaken anrufen. Die Entstehung dieses später so bedeutenden Wallfahrtsortes ist eine ungewöhnliche Geschichte und beginnt mit einem Ehestreit, bei dem der Graf Emerich Czobor seine zankende Ehefrau Angelika kurzerhand samt ihrer Zofe aus der Kutsche warf und allein weiterfuhr. Die entsetzte Gräfin gelobte Besserung und versprach in ihrer Hilflosigkeit, der Gottesmutter eine Statue zu errichten, wenn sich der Graf wieder versöhne bzw. sie erst einmal aus der Einöde abhole. Der heißblütige Mann tat es und ließ den Kutscher bald umkehren, um die Damen zu holen.

Als er von dem Gelöbnis seiner Frau hörte, beauftragte er einen Schnitzer aus der Umgebung, aus dem Holz eines Birnbaumes ein Bild der Schmerzhaften Muttergottes zu schnitzen, das dann in einer dreieckigen und daher Triangel genannten Kapelle aufgestellt wurde. Das soll im Jahre 1464 geschehen sein. In dieser ersten Kapelle blieb die Statue fast 100 Jahre, ehe man sie wegen der Türkengefahr vorübergehend im nahen Schloß in Sicherheit brachte, dann aber nach der endgültigen Vertreibung der Türken aus Ungarn wieder in der Kapelle aufstellte.

Die Rieger-Kloss-Orgel in der Basilika ist die größte Orgel der Slowakei.
Wir kennen den Künstler nicht, der die Pietà schuf. Aber es ist bei fast allen Marienwallfahrten so, dass unbekannte Maler und Künstler die Gnadenbilder verfertigten. Dürer und Raffael malten herrliche Madonnen, aber keine Gnadenbilder. Diese schufen meist Männer des Volkes.

 

Kaiserin Maria Theresia eine große Verehrerin

 

Anfang des 18. Jahrhunderts mehrten sich in Schoßberg plötzlich die Gebetserhörungen. Es strömten so viele Verehrer Mariens herbei, dass die kirchlichen Behörden eine kanonische Untersuchung einleiteten, die damit endete, dass im Jahre 1732 der Reichsprimas des Königreiches Ungarn der Statue den Titel eines wahren Gnadenbildes zuerkannte. Damals, 1732, kamen allein bei zweihundert Prozessionen fünfundzwanzigtausend Pilger nach Maria Schoßberg. Die Wallfahrtsseelsorge wurde dem damals im ganzen Reich der Stephanskrone bedeutenden Orden der Pauliner übertragen (die z. B. noch heute Tschenstochau betreuen). 1733 begann der Orden mit dem Bau der großartigen Kirche, die 1764, nach 31 Jahren Bauzeit, vollendet wurde, also zum 300. Jahrestag des Gelübdes der Gräfin Angelika. Kaiserin Maria Theresia war damals oft in Schoßberg und beschenkte die Kirche. Doch schon 1786 hob ihr Sohn Kaiser Josef II. den Paulinerorden im ganzen Habsburgerreich auf. Die Wallfahrtskirche wurde nun Pfarrkirche und entging im Gegensatz zu vielen anderen dadurch der Zerstörung. Allerdings verschwanden damals die wertvolle Bibliothek und das Archiv mit Urkunden und Dokumenten zur Geschichte der Wallfahrt und der Gebetserhörungen.

Tyrnau in rot getaucht. Die slowakische Bischofsstadt nahm 2020 teil am „Red Wedenesday“, einer Aktion, mit der KIRCHE IN NOT weltweit auf das Thema Christenverfolgung aufmerksam machen möchte.
Pius IX. geweihten Kronen aus Gold. Damals wurden auch die beiden Türme der Kirche vollendet. Die Salesianer betreuten nun die Kirche und unterhielten auch ein Knabeninternat. Bis zum Ersten Weltkrieg kamen Slowaken, Ungarn, Deutsche und Tschechen aus vielen Teilen der Donaumonarchie hierher, nach 1918 vor allem Slowaken und Karpatendeutsche. Als 1950 die Orden in der Slowakei aufgehoben wurden, legte der kommunistische Staat ein Militärdepot ins Kloster.

 

Abstimmung mit den Füßen

 

In den letzten Jahren der kommunistischen Herrschaft erlebte die Wallfahrt auch hier einen Aufschwung. Am Fest der Sieben Schmerzen Mariens, am 15. Und 16. September 1984, kamen 50.000 Pilger, darunter 30.000 Jugendliche, die wesentliche Teile der Wallfahrt gestalteten. Diese begann am Samstagabend um 21 Uhr mit Kreuzweg und anschließendem Rosenkranz. Einzelne junge Menschen gaben zu jeder Kreuzwegstation und jedem Rosenkranzgebet Einführungen.Gebet, Gesang und stille Anbetung dauerten bis zum morgendlichen Jugendgottesdienst um 8.30 Uhr. Um 10.30 Uhr zelebrierte der damalige Bischof Julius Gabris von Tyrnau (Tmava) mit zahlreichen anderen Priestern das Pontifikalamt.

Bischof Gabris forderte damals in seiner Festpredigt die Slowaken auf, sich selbst, ihre Familien, Gemeinden und Diözesen möglichst täglich erneut der Muttergottes zu weihen, in Vorbereitung auf das Jubiläum des 1100. Todestages des heiligen Slawenapostels Methodius 1985. Dann – so hoffte der Bischof – werde Papst Johannes Paul II. selbst kommen und die Slowaken der Muttergottes weihen. Für diesen Papstbesuch sei während der Wallfahrt immer wieder gebetet worden, berichteten Augenzeugen.

Slowakei: Die „Dienerinnen des Heiligen Geistes“:

- Hl. Johannes Paul II. (Papst von 1978 - 2005), PREDIGT in Preßburg, Sonntag, 14. September 2003
Hervorgehoben wurde von den Teilnehmern die Atmosphäre der Freude, der religiösen Begeisterung und der Unerschrockenheit, die während der ganzen Wallfahrt unter den Gläubigen geherrscht habe. Sie sei vor allem von der Jugend ausgegangen, obwohl mancher wohl noch böse Folgen zu erwarten gehabt hätte. Wie in Leutschau hatte die Geheimpolizei auch in Šaštín viel fotografiert und gefilmt, vor allem die Organisatoren, die Fahnen- und Kreuzträger. Die öffentlichen Verkehrsmittel nach Šaštín waren damals in den Wallfahrtstagen drastisch eingeschränkt worden. Umleitungen und Straßensperren auf den Zufahrtsstraßen zum Wallfahrtsort hatten die PKWs und die privat gemieteten Busse behindert. Einigen Busfahrern war der Führerschein entzogen worden, weil sie die Wallfahrt für einige Gruppen ermöglicht hatten.

Damals konnte der Papst noch nicht die Einladung annehmen und nach Maria Schoßberg kommen. Die erste Reise in die Tschechoslowakei war erst 1990 nach Prag, Velehrad und Preßburg möglich und dann 1995 auch nach Maria Schoßberg, wo nach der Wende die im Jahre 1950 vertriebenen Salesianer 40 Jahre später wieder in ihr Kloster zurückkehren konnten.

26 Jahre nach Johannes Paul II. wird nun Papst Franziskus am Fest der Schmerzen Mariens mit den Bischöfen des Landes am nationalen Wallfahrtsort beten und danach auf der Ebene vor der Basilika von den Sieben Schmerzen Mariens zum Volk sprechen.

Prof. Dr. Rudolf Grulich (aktualisiert von Volker Niggewöhner)

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