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Koadjutor-Bischof Aurelio Gazzera aus Bangassou im Südosten der Zentralafrikanischen Republik stellt zwölf Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs positive Entwicklungen in der Beziehung von Christen und Muslimen fest. „Es gibt bedeutende Fortschritte. Alle achten sehr darauf, kein Feuer zu entfachen. Wir haben aus der Geschichte gelernt“, sagte Gazzerra gegenüber KIRCHE IN NOT, das die Arbeit des italienischen Missionars seit Langem unterstützt.

 

Der Bischof zeigte sich erfreut, dass in einigen Orten Imame an Weihnachten oder Ostern zu den Gottesdiensten in die Kirche gingen. Eine Initialzündung für das neue Miteinander sei auch der Besuch von Papst Franziskus vor zehn Jahren gewesen: „Sein Kommen hat den interreligiösen Dialog in einer Phase sehr hoher Spannungen gefördert.“

Aurelio Gazzera, Koadjutor-Bischof von Bangassou/Zentralafrikanische Republik.
Damals, auf dem Höhepunkt der Gewalt, hätten Beobachter dem Papst abgeraten, in die Zentralafrikanischen Republik zu kommen, erinnerte der Bischof. Franziskus habe sich davon aber nicht beirren lassen. Beim öffentlichen Gottesdienst am 30. November sei es zu einer bewegenden Szene gekommen, berichtete Gazzerra: „Damals zog der Präsident des Höchsten Islamischen Rates der Zentralafrikanischen Republik in das Stadion ein. Er wurde von den Gläubigen begeistert begrüßt. Das war ein unvergesslicher Moment der Brüderlichkeit.“

 

„Unvergesslicher Moment der Brüderlichkeit“

Im Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik standen sich zwei Milizen gegenüber: die Séléka, ein Bündnis mehrheitlich muslimischer Rebellengruppen, und die Anti-Balaka, die sich überwiegend aus christlichen und animistischen Kämpfern zusammensetzte. Beide Seiten werden für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht.

Treffen von christlichen und muslimischen Vertretern in der Zentralafrikanischen Republik. In der Mitte: Dieudonné Kardinal Nzapalainga, Erzbischof von Bangui, der Hauptstadt des Landes.
Trotz dieser Zusammensetzung der Milizen sei der Krieg kein Konflikt zwischen Christen und Muslimen gewesen, stellte Gazzerra klar: „Es wurde öffentlich so dargestellt, aber das ist nicht wahr. Es war vor allem ein ethnischer und politischer Konflikt, auch wenn die Beteiligten unterschiedlichen Religionen angehörten.“

 

Priester und Ordensfrauen setzten sich unter Lebensgefahr für Muslime ein

Der Bischof erinnerte daran, dass viele Ordensfrauen und Priester sich während des Krieges mutig für ihre muslimischen Nachbarn eingesetzt hätten. So hätten Anti-Balaka-Kämpfer ein Kloster überfallen, das muslimische Flüchtlinge aufgenommen hatte. „Daraufhin ging eine der Schwestern unter Lebensgefahr zum Anführer der Miliz und sagte: ,Du bist ein Verbrecher. Du hast kein Recht, einen Ort zu betreten, an dem sich Flüchtlinge aufhalten. Du musst sie freilassen.‘ Und das tat er dann auch.“

Ein Imam spricht bei einer kirchlichen Feier in Bangassou (Zentralafrikanische Republik).
Diese Solidarität und der Einsatz der Kirche für den interreligiösen Dialog trage jetzt nach dem Ende der Kämpfe in den meisten Landesteilen Früchte, betonte Bischof Gazzerra: „Mein Traum ist es, dass die Menschen in der Zentralafrikanischen Republik in Würde leben können. Dieses Land hat so viel zu bieten, wenn wir alle – Christen, Muslime, Angehörige anderer Religionen – zusammenarbeiten.“

 

700 000 Kriegsflüchtlinge

Rund drei Viertel der fünf Millionen Einwohner der Zentralafrikanischen Republik sind Christen, etwa 13 Prozent Muslime. Das Land gehört zu den ärmsten Ländern der Erde, der Bürgerkrieg hat schätzungsweise 700 000 Menschen heimatlos gemacht. Ein 2019 geschlossener Waffenstillstand war ein Jahr später wieder aufgekündigt worden. Die zentralafrikanische Regierung hatte 2021 die russische Wagner-Gruppe (jetzt „Africa-Corps“) ins Land geholt, um gegen die Rebellen vorzugehen. Heute haben sich die Milizen in zahlreiche Untergruppen gespalten, von denen einige noch in ländlichen Regionen aktiv sind.

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Kirche setzt auf Versöhnung

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Rund um die Hauptstadt Port-au-Prince in Haiti haben bewaffnete Banden die Gewalt übernommen. Auch immer mehr kirchliche Einrichtungen geraten in ihr Visier, berichtete Spiritaner-Schwester Helena Queijo aus Jacmel im Südosten Haitis im Gespräch mit KIRCHE IN NOT: „Katholische Schulen wurden von Banden überfallen, ebenso das kirchliche Krankenhaus sowie die Schule und das Wohnheim unseres Ordens in Port-au-Prince.“

 

Die Missionarinnen der Nächstenliebe, die von Mutter Teresa gegründete Gemeinschaft, hätten die von ihnen betreuten Kranken evakuieren und ihre Arbeit vorübergehend einstellen müssen. Ordensschwestern des Franz-von-Sales-Krankenhauses in der Hauptstadt seien gezwungen gewesen, ihre Ordenskleidung abzulegen, um sich so besser unter der Bevölkerung verstecken zu können, erklärte Schwester Helena, die sich gegenwärtig in Portugal aufhält.

Von Spiritanerinnen betreute Familien in Haiti.
Entführungen und Gewalt gegen kirchliche Mitarbeiter seien inzwischen ebenfalls an der Tagesordnung: „Die Bandenmitglieder machen keinen Unterschied: Sie entführen Ausländer, Priester, Ordensleute oder auch einfache Leute. Niemand ist sicher.“ Es gehe den Entführern darum, Lösegeld zu erpressen und so ihre Aktivitäten weiter zu finanzieren.

 

„Das Leid der Menschen ist enorm“

Schwester Helena erinnerte auch an die beiden Ordensfrauen Evanette Onezaire und Jeanne Voltaire, die Ende März bei einem Angriff bewaffneter Banden in Mirebalais etwa 50 Kilometer nordöstlich von Port-au-Prince zusammen mit weiteren Personen getötet wurden. „Das Leid der Menschen ist enorm. Wenn sie Glück haben, bleiben sie am Leben – aber sie müssen alles zurücklassen und sich oft für lange Zeit verstecken. Viele haben ihr Zuhause und ihr gesamtes Hab und Gut verloren.“

Schwester Helena Queijo kümmert sich in Haiti um Kinder.
In der Gegend um Jacmel, wo die Lage noch vergleichsweise ruhig sei, nehme die Zahl der Binnenflüchtlinge weiter zu, berichtet Schwester Helena. Lebensmittel würden deshalb knapp; die Gegend sei ohnehin sehr arm. „Wenn es lange nicht regnet, leiden die Menschen Hunger und kommen deshalb in unser Kloster. Sie bitten um ein wenig Reis oder Bohnen. Wir lassen niemanden mit leeren Händen gehen, auch wenn wir selbst nur wenig haben.“

 

Zahl der Binnenflüchtlinge nimmt zu

KIRCHE IN NOT unterstützt die Arbeit der Ordensschwestern und weitere Projekte in der Diözese Jacmel seit mehr als 30 Jahren. Da es in der Gegend häufig keinen Strom gibt, bauen Pfarreien und Klöster Solarmodule auf ihre Dächer, um Speisen für bedürftige Menschen zuzubereiten oder zu kühlen.

Gewaltsame Proteste in Haiti (Archivbild). © Digital Democracy
Was die zukünftige Entwicklung in Haiti angeht, ist Schwester Helena skeptisch: „Gewalt ist hier leider keine neue Erscheinung. Doch die Lage hat sich jetzt dramatisch verschärft.“

 

Konflikt ohne Ende

Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre, schwere Naturkatastrophen haben das Land wiederholt getroffen. Seit über zehn Jahren befindet sich das Land in einer politischen Dauerkrise, die 2021 in der Ermordung des damaligen Präsidenten Jovenel Moïse gipfelte. Seither haben bewaffnete Banden immer mehr Oberhand gewonnen; die staatlichen Sicherheitsbehörden haben ihnen wenig entgegenzusetzen. Eine im Herbst 2024 gestartete UN-Unterstützungsmission unter Führung Kenias hat bislang wenig Erfolg gezeigt.

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31 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda hat sich die katholische Kirche in dem ostafrikanischen Land wieder stabilisiert. Das berichtete Bischof Papias Musengamana aus Byumba im Nordosten von Ruanda im Gespräch mit KIRCHE IN NOT: „Während des Genozids wurden viele Priester ermordet. In meiner Diözese waren nur drei, vier übrig geblieben. Heute sind es mehr als 130 Priester! Die meisten von ihnen sind sehr jung.“

 

Die Versöhnung zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi sei immer noch eine große Herausforderung – auch für die Seelsorge. Bei den Massakern an der Minderheit der Tutsi ab 1994 kamen Schätzungen zufolge bis zu eine Million Menschen ums Leben.

Papias Musengamana, Bischof von Byumba/Ruanda.
Eine weitere Priorität gelte den Familien und den jungen Menschen in Ruanda. Diese seien wie auch in anderen Ländern zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt, betonte Bischof Musengamana: „Die Welt ist ein Dorf geworden. Der Einfluss durch Fernsehen, Internet und soziale Medien ist sehr stark. Es gibt viel mehr Individualismus und Materialismus. Die Familien stehen vor Herausforderungen, und die Kirche muss ihnen helfen.“ Er sehe mit Sorge, dass die Zahl der Scheidungen auch in den ländlichen Regionen zunehme. Die Familie sei oft der einzige Rückhalt für die Menschen.

 

„Wer die Jugend verliert, verliert die Gesellschaft“

Auch Jugendliche seien zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt. „Viele Jugendliche gehen zwar in Ruanda noch in den Gottesdienst, aber auch hier werden es weniger.“ Gerade in den Sommermonaten seien viele junge Menschen ohne Schule und Arbeit. Sie lungerten herum, viele kämen in Berührung mit Drogen. Die katholische Kirche versuche, dieser Gefahr zum Beispiel mit Ferienfreizeiten entgegenzusteuern.. Dieser Kontakt zur Jugend sei enorm wichtig, betonte der Bischof: „Wenn wir die Jugendlichen verlieren, verlieren wir die Gesellschaft.“

Ein junger ruandischer Priester mit Schülern.
Ein weiteres Augenmerk gilt den kirchlichen Berufen. Die katholische Kirche betreibe Schulen und Seminare, „dort entstehen viele Berufungen“, betonte Musengamana. Er bedankte sich, dass KIRCHEIN NOT die Priesterausbildung und den Betrieb katholischer Bildungseinrichtungen unterstützt. Auch den Katecheten, also katholischen Laien die Aufgaben in Gemeinden und Religionsunterricht übernehmen, komme eine große Bedeutung zu, sagte der Bischof: „Sie sind sehr engagiert und die ersten Verkündiger des Evangeliums im Land. Sie geben den Glauben auch an ihre Kinder weiter.“

 

Evangelisierung hat Priorität

Die Zahl der Katholiken Ruandas sei in den vergangenen Jahren zurückgegangen und liegt bei knapp 40 Prozent der Bevölkerung. Sekten verzeichneten Zulauf. „Die Evangelisierung bleibt daher eine Priorität“, so Bischof Musengamana. „Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, damit das Evangelium noch besser Wurzeln schlagen kann.“

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Marienerscheinungen in Kibeho (Ruanda)

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Trotz anhaltender Verfolgung wachse die Zahl der Christen in Nordnigeria „geradezu astronomisch“. Das stellte Bischof Habila Daboh aus Zaria im Bundesstaat Kaduna gegenüber KIRCHE IN NOT fest. Dabei sei das Leben für Christen nicht einfach: „Eine Mischung aus dschihadistischen Angriffen, Kriminalität und Stammeskonflikten bedroht ihr Leben“, sagte Daboh. Die Einführung der islamischen Rechtsprechung der Scharia in zahleichen Regionen habe die Lage zusätzlich verschärft.

 

Schuld an diesen zunehmenden Konflikten sei nicht die muslimische Mehrheitsbevölkerung, sondern erstarkende Gruppen von Extremisten. Das Zusammenleben von Christen und Muslimen sei zuvor harmonisch gewesen, erklärte der Bischof: „Wir teilten unser Festtagsessen. Wir feierten zusammen, spielten zusammen Fußball, besuchten dieselben Märkte. Doch dann kamen die Extremisten. Sie behaupteten, wer kein Muslim sei, verdiene es nicht zu leben. Von da an wurde das Leben für Christen unerträglich.“

Beisetzung des ermordeten Priesterseminaristen Michael Nnadi im Februar 2020.
Doch trotz dieser Spannungen und gewaltsamen Übergriffe gebe es in Nordnigeria immer mehr Menschen, die sich für das Christentum begeistern. Daboh, der zuvor Leiter des Priesterseminars in Kaduna war, erinnerte an die Entführung von vier Seminaristen Anfang 2020. Einer von ihnen, der 18-jährige Michael Nnadi wurde ermordet. Die übrigen kamen frei.

 

Bildung als „Schlüssel zur Freiheit“

Nach dieser traumatischen Erfahrung hätten er und andere Verantwortliche befürchtet, dass junge Männer nun nicht mehr den Priesterberuf ergreifen würden. Doch das Gegenteil sei geschehen, erzählte der Bischof: „Es bewarben sich noch mehr junge Männer für das Priesterseminar. Als wir sie fragten, warum, sagten sie: ,Wir wollen den Menschen zeigen, dass Jesus ein Mann des Friedens war, dass er Liebe lehrte.‘“

Extremistische Gruppen wie Boko Haram bekämpften jede Form von Bildung, die ihnen ihren Augen als „westlich“ gilt. Doch die Christen setzten auf Bildung als „Schlüssel zur Freiheit“, betonte Daboh. Deshalb betreibe die katholische Kirche auch in Nordnigeria zahlreiche Schulen: „Mein Volk ist hungrig nach Wissen. Bildung gibt den Menschen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Sie können herausfinden, was richtig und falsch ist.“

Bei einer Kreuzwegandacht im Bistum Maiduguri in Nordostnigeria.
Er stelle fest, dass viele Menschen trotz Armut und Verfolgung glücklich seien und das auch ausstrahlten: „Sie sind glücklich, weil sie Christus haben“, sagte der Bischof. „Die Menschen wollen Liebe und Friede verkünden. Wir mögen nicht alle aus derselben Volksgruppe kommen oder derselben Religion angehören. Aber wir glauben daran, dass jeder unser Nächster ist und uns braucht. Das ist das Evangelium Christi.“

 

„Die Menschen wollen Liebe und Friede verkünden“

In Nigeria sind jeweils gut die Hälfte der rund 237 Millionen Einwohner Christen oder Muslime. Während im Süden die Zahl der Christen überwiegt, sind sie im Norden in der Minderheit. In zwölf Bundesstaaten ist die Scharia eine zentrale Quelle der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung. Im ganzen Land halten Angriffe auf Christen an. Diese gehen von dschihadistischen Gruppen oder kriminellen Banden aus. Nigeria verzeichnet aktuell die höchste Zahl von entführten Priestern und Ordensleuten weltweit.

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Nigerias Christen trotzen Terror und Verfolgung mit Glaubensfreude

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Florian Ripka, Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland, zeigt sich erfreut über die Entscheidung der Koalitionspartner, das Amt des Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit in einer neuen Bundesregierung zu erhalten: „Es ist ein gutes Signal, dass dieses Amt nicht dem Rotstift zum Opfer gefallen ist. Religionsfreiheit ist kein Nebenschauplatz, sondern für viele Menschen weltweit eine Frage über Leben und Tod. Deutschland kann ein wichtiger Beobachter, Mahner und Fürsprecher sein. Das sagen unsere Projektpartner immer wieder.“

 

Ripka wies daraufhin, dass Deutschland zwar immer säkularer sei und viele Menschen die Freiheit, keiner Religion anzugehören, in Anspruch nähmen. „Es sollte aber nicht vergessen werden, dass die Mehrheit der Bevölkerung weltweit sich als religiös bezeichnet. Das Christentum ist die größte Religionsgemeinschaft – und auch eine der am meisten bedrängten und bedrohten.“

Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD betont ausdrücklich, dass „insbesondere der Schutz der weltweit größten verfolgten Gruppe, der Christen (…) von besonderer Bedeutung“ sei.

Florian Ripka
„Es bringt uns als Gesellschaft nicht weiter, wenn wir Christenverfolgung verschämt behandeln oder ganz verschweigen. Der oder die neue Beauftragte sollte das mutig und klar benennen – mutiger und klarer, als das in der vorherigen Bundesregierung der Fall war“, sagte Ripka. Er bedankte sich bei den bisherigen Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit Markus Grübel und Frank Schwabe. „Sie hatten immer ein offenes Ohr, und wir sind weiterhin zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit“, betonte der KIRCHE-IN-NOT-Geschäftsführer.

 

„Waches Auge auf das Menschenrecht Religionsfreiheit“

Er äußerte den Wunsch, dass eine neue Bundesregierung nicht nur ein waches Auge auf das Menschenrecht der Religionsfreiheit hat, sondern auch in politische Entscheidungen miteinbezieht. „Gerade die internationale Wirtschaftspolitik und die Entwicklungshilfe bieten dazu Möglichkeiten. Wenn ein Staat zum Beispiel von Deutschland weniger Entwicklungshilfe bekommt, weil er Religionsgruppen schikaniert oder blutig verfolgt: Das wäre nicht nur ein starkes Signal für die Verfolgten, sondern auch ein wirksamer Hebel in der Menschenrechtspolitik“, sagte Ripka.

Der bisherige Beauftragte für Religions- und Weltanschauungsfragen, Frank Schwabe (l.), im Gespräch mit Erzbischof Warda aus Irak während des Katholikentags in Stuttgart.
Die neue Bundesregierung müsse sehr genau hinschauen, was zum Beispiel in Syrien geschehe, wo die neuen Machthaber Religionsfreiheit zugesagt haben. Wie das in der Realität und einer neuen Verfassung aussehe, müsse sich noch zeigen. „Die Christen in Syrien und auch in vielen anderen Staaten sind zur Zusammenarbeit bereit“, erklärte der Geschäftsführer.

 

„Christliche Stimme soll hörbar bleiben“

Doch nicht nur außenpolitisch gelte es, dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit Stimme und Geltung zu verschaffen. „Christen in Deutschland sind nicht nur im sozialen und karitativen Bereich unverzichtbar. Sie haben auch etwas zu sagen beim Lebensschutz, bei Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens oder zu Fragen der Gewissensfreiheit“, sagte Ripka. Eine neue Bundesregierung müsse dafür Sorge tragen, dass diese christliche Stimme hörbar bleibt.

Weltkarte aus dem Bericht „Religionsfreiheit weltweit“ von KIRCHE IN NOT.
Religionsgemeinschaften wie das Christentum seien ein „Motor für Zusammenarbeit und Entwicklung“, trotz Bedrängnis und Verfolgung in einigen Teilen der Welt. „Das sollte eine neue Bundesregierung stärker in den Fokus nehmen, innen- wie außenpolitisch. Der Beauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit kann hierzu wichtige Dienste leisten“, betonte Ripka abschließend.
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Interview mit Markus Grübel, Beauftragter der Bundesregierung für Religionsfreiheit (2018-2021)

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Laut dem Pfarrer der katholischen Pfarrei „Heilige Familie“ in Gaza-Stadt, Pater Gabriel Romanelli, hat die Zahl der getöteten Kinder im seit Oktober 2023 andauernden Krieg die Marke von 17 000 überschritten. „So viele Kinder wurden bislang getötet, das ist einfach schrecklich“, sagte der Priester im Gespräch mit KIRCHE IN NOT. „Wir hatten bislang über 50 000 Tote und über 110 000 Verletzte. Vielen von ihnen mussten Gliedmaßen amputiert werden.“

 

Die erneuten Kampfhandlungen nach der vereinbarten Waffenruhe bezeichnet der argentinische Seelsorger als fatal: „Kein weiterer Kriegstag löst die Situation, sondern verschlimmert sie nur noch.“ Er hoffe auf den Erfolg der erneuten Verhandlungen und dass die von der Hamas entführten Geiseln in naher Zukunft alle freikommen.

Kinder in der Pfarrei „Heilige Familie“ bei Ostervorbereitungen. © Lateinisches Patriarchat von Jerusalem
In der von ihm geleiteten Pfarrei in Gaza-Stadt halten sich seit Kriegsbeginn konstant etwa 500 Personen auf – neben Katholiken auch einige orthodoxe und muslimische Familien. „Es ist eine enorme Herausforderung, mit so vielen Menschen auf engstem Raum zu leben“, berichtete Pater Romanelli.

 

500 Personen auf engstem Raum

Der Alltag sei von unvorstellbarer Not geprägt. „Die meisten Menschen haben alles verloren – ihre Häuser, ihre Arbeit, die Schulen für ihre Kinder.“ Wer die Möglichkeit zur Flucht hatte, sei bereits gegangen. Übrig geblieben seien vorwiegend arme, ältere und erkrankte Menschen. Aber auch Kinder hielten sich nach wie vor in der Pfarrei auf, so der Seelsorger.

Bei einem Gottesdienst in der Pfarrkirche Heilige Familie in Gaza-Stadt (Foto: Lateinisches Patriarchat von Jerusalem)
Obwohl die katholischen Christen im Gaza-Streifen eine kleine Minderheit von wenigen hundert Gläubigen bilden, übernehme die Kirche eine führende Rolle bei der humanitären Versorgung, betonte Romanelli: „Wir konnten tausenden Familien, nicht nur Christen, helfen und dafür sorgen, dass die Hilfe wirklich diejenigen erreicht, die sie am dringendsten benötigen.“

 

Kirche übernimmt führende Rolle bei humanitärer Versorgung

Die katholische Pfarrei in Gaza-Stadt koordiniert die Verteilung von Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten. Doch nun seien neue Schwierigkeiten aufgetreten: „Die Grenzen sind seit einigen Wochen für humanitäre Hilfe geschlossen. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt und wir hoffen auf eine schnelle Lösung“, erklärte der Pfarrer. „Gott gebe, dass dieser Krieg bald endet und wir einen echten Frieden erleben.“

KIRCHE IN NOT steht in engem Kontakt mit dem Lateinischen Patriarchat von Jerusalem, um die Hilfe für die christliche Minderheit im Gaza-Streifen und den anderen Teilen des Heiligen Landes aufrechtzuerhalten.

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Pater Gabriel Romanelli aus Gaza-Stadt

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Bei einem Angriff bewaffneter Banden in der haitianischen Stadt Mirebalais sind zwei Ordensschwestern brutal ermordet worden. Die beiden Ordensfrauen waren zum Zeitpunkt eines Banditenüberfalls in der Stadt unterwegs und hatten Schutz in einem Haus gesucht. Dort wurden sie von den Angreifern entdeckt und zusammen mit weiteren Versteckten getötet. Der Vorfall ereignete sich am 31. März etwa 50 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Port-au-Prince.

 

Marco Mencaglia, Projektdirektor von KIRCHE IN NOT, kennt die Ordensgemeinschaft der Ermordeten durch seine Besuche in Haiti. Er ist daher tief bestürzt über den Tod von Schwester Evanette Onezaire und Schwester Jeanne Voltaire. Die zunehmende Gewalt im Karibikstaat beeinträchtige die Arbeit der Kirche im Land inzwischen massiv. „Wir beten für die Schwestern, die Familien und die Sicherheit der Ordensgemeinschaft“, erklärte Mencaglia. „Wir von KIRCHE IN NOT bekräftigen unsere Unterstützung und Solidarität mit der haitianischen Kirche und rufen angesichts der eskalierenden Gewalt zum Gebet auf.“

Max Leroy Mésidor, Erzbischof von Port-au-Prince und Vorsitzender der haitianischen Bischofskonferenz. © Salesian priests of Haiti
Der Erzbischof von Port-au-Prince, Max Leroy Mésidor, berichtete in einer Nachricht an KIRCHE IN NOT, dass sich die Lage im Land „erheblich verschlechtert“ habe, denn die Gewalt durch bewaffnete Banden weite sich aus. „Hier in Haiti ist unsere Fastenzeit wahrhaftig ein Kreuzweg. Haiti steht in Flammen und wartet dringend auf Hilfe“, so der Erzbischof.

 

„Haiti steht in Flammen“

In seinem Erzbistum seien derzeit 28 Pfarreien geschlossen, etwa 40 weitere arbeiteten aufgrund der Vorherrschaft der Banden in ihren Vierteln nur noch eingeschränkt. Die Priester seien zur Flucht gezwungen und suchten Zuflucht bei ihren Familien oder anderen Geistlichen. „Wir erleben einen der schlimmsten Momente in der Geschichte unseres Volkes“, so Erzbischof Mésidor.

Ordensschwestern der Kongregation „Kleine Schwestern der heiligen Therese vom Kinde Jesu“ in Haiti.
In einem Brief an Ordensleute in Haiti, der KIRCHE IN NOT vorliegt, zählte der Erzbischof weitere Konsequenzen der anhaltenden Gewalt auf: „Ordensgemeinschaften wurden vertrieben, viele ihrer Schulen sind geschlossen, alte und kranke Schwestern mussten mitten in der Nacht evakuiert werden. Kongregationen mussten ihre Pflegeheime aufgeben und haben keinen Ort, an dem sie kranke Schwestern aufnehmen können. Ich habe keine Worte, um zu beschreiben, was derzeit in Port-au-Prince geschieht. Es ist eine unfassbare Realität.“

 

Ordensgemeinschaften vertrieben, Schulen geschlossen

KIRCHE IN NOT appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Kirche und das haitianische Volk in dieser Zeit der extremen Not nicht im Stich zu lassen, und ruft zum Gebet auf.

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Der melkitisch griechisch-katholische Erzbischof von Homs, Jean Abdo Arbach, hat die internationale Gemeinschaft gebeten, die Sanktionen gegen sein Land aufzuheben. Erste Lockerungen nach dem Machtwechsel hatte die EU Ende Februar beschlossen. „Die Sanktionen beeinträchtigen unser Land, das sich in einer fragilen Lage befindet, nach wie vor sehr“, sagte Arbach gegenüber KIRCHE IN NOT.

 

Auch nach dem Sturz des Assad-Regimes und der Installation einer neuen Übergangsregierung unter Ahmed al-Scharaa seien viele Christen skeptisch: „Sie sehen keine Zukunft und wollen weg.“ Die Massaker in Westsyrien Anfang März mit schätzungsweise über 1000 Todesopfern hätten die Ängste noch verstärkt: „Wir wollen kein weiteres Blutvergießen“, betonte der Erzbischof. „14 Jahre Bürgerkrieg sind genug. Wir brauchen Einheit und Versöhnung und keinen weiteren Konflikt.“

Jean Abdo Arbach, melkitisch griechisch-katholischer Erzbischof von Homs.
Für die Übergriffe werden Milizen aus dem Umfeld der islamistischen HTS verantwortlich gemacht, die auch den Sturz des Assad-Regimes angeführt hatte. Die Angriffe, denen mutmaßlich Attacken auf staatliche Sicherheitskräfte vorausgegangen waren, zielten vorrangig auf Alawiten. Dieser schiitischen Minderheit gehört auch der frühere Machthaber Bashar al-Assad an. Vereinzelt waren auch Christen und Angehörige anderer Minderheiten unter den Getöteten.

 

Menschen zerbrechen psychisch

In seiner Bischofsstadt Homs stellt Arbach fest, dass viele Menschen vereinsamten und psychische Auffälligkeiten zunähmen. Die Kirchen in Syrien versuchten weiter, ihre Hilfe aufrechtzuerhalten: „Wir unterstützen unsere Gläubigen in jeder Hinsicht: Wir zahlen Mietzuschüsse, versorgen sie mit Medikamenten und Kleidung und geben ihnen auch geistlichen Beistand.“

Ziel sei es, die Christen weiterhin zum Bleiben zu motivieren, sagte Arbach: „Ich ermutige die Menschen, abzuwarten, denn ohne Christen gibt es keine Zukunft für Syrien. Wir gehören seit dem ersten Jahrhundert zur Geschichte dieses Landes.“

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Helfen Sie den Menschen im Tal der Christen in der Nähe von Homs

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In vier Bundesstaaten im Norden Nigerias sind erstmals und kurzfristig alle öffentlichen und privaten Schulen sowie Bildungseinrichtungen anlässlich des muslimischen Fastenmonats Ramadan geschlossen worden. Dies teilte Bischof Gerald Mamman Musa aus Katsina KIRCHE IN NOT mit.

 

Die Entscheidung der Schulschließung durch die Behörden beträfe allein in seinem Bistum bis zu 2500 Kinder in acht katholischen Schulen. Insgesamt seien hunderttausende Schülerinnen und Schüler in den Bundesstaaten Katsina, Kano, Kebbi und Bauchi aktuell von Bildung ausgeschlossen, so der Bischof.

Die Mitteilung der Behörden sei sehr kurzfristig gekommen und zum ersten Mal geschehen. „Die Ankündigung, die Schulen zu schließen, kam für uns völlig überraschend“, so Bischof Musa. Auch die Schüler, Eltern und Lehrer seien „geschockt“ gewesen. „Es muss klar werden, dass Bildung und religiöse Verpflichtungen sich nicht fremd gegenüberstehen oder sich gegenseitig ausschließen. Sie gehen Hand in Hand. Das Thema sollte mit Logik, im Dialog und mit Weisheit angegangen werden.“

Gerald Mamman Musa, Bischof von Katsina (Nigeria).
Der Bischof erinnerte sich daran, wie er und seine Altersgenossen unterschiedlicher religiöser Hintergründe als Kinder während des Ramadans und anderer religiöser Fastenzeiten in die Schule gegangen seien. Es sei „nie dagewesen“, dass Bildung dadurch gelitten habe.

 

„Menschenrecht auf Bildung wird untergraben“

Die katholische Bischofskonferenz in Nigeria kritisierte in einem Schreiben die Entscheidung der Gouverneure der vier Bundesstaaten. Die Schließung von Schulen über einen längeren Zeitraum untergrabe das Menschenrecht auf Bildung und gefährde die Zukunft von Millionen nigerianischer Kinder. Die Entscheidung werfe „ernste Fragen über den säkularen Charakter unseres Landes und die Rechte aller Bürger“ auf. „Wir fordern die Gouverneure der betroffenen Staaten auf, diese Entscheidung zu überdenken und alternative Regelungen zu prüfen, die die Rechte und Freiheiten aller Bürger respektieren.“

Laut UN-Angaben besuchen in Nigeria derzeit landesweit mehr als 10 Millionen Kinder keine Schule, so viele wie in keinem anderen Land.

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Der Erste seiner Art: Christlicher Bischof unter Hausa-Muslimen

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KIRCHE IN NOT ist alarmiert über die Zunahme der Christenverfolgung in vielen Ländern. Die Fastenzeit sei eine gute Gelegenheit, an diese Glaubenszeugen zu denken – und sich für weltweite Religionsfreiheit einzusetzen, sagt der Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland, Florian Ripka, im Interview.

 

Herr Ripka, Christenverfolgung erscheint in Europa vielen als Randphänomen. Wie schätzen Sie das ein?
Von einem Randphänomen kann nur sprechen, wer den christlichen Glauben selbst an den Rand drängen will. „Verfolgt und vergessen?“ haben wir bei KIRCHE IN NOT unseren Bericht über Christenverfolgung genannt. Das Fragezeichen ist sehr bewusst gewählt. Denn es liegt an uns, ob die verfolgten Christen vergessen sind. Leider ist medial und sogar im kirchlichen Bereich oft sehr wenig davon zu hören.

Fakt ist: Christenverfolgung nimmt erschreckend zu. Das wissen wir aus den Berichten unserer Projektpartner. KIRCHE IN NOT ist immerhin in etwa 140 Ländern aktiv. Wir sind das Hilfswerk für verfolgte Christen, und dieser Ausrichtung bleiben wir treu.

Florian Ripka, Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland.
Von Kritikern ist zu hören, die Zahlen im Zusammenhang mit Christenverfolgung seien unseriös, außerdem würde die Verfolgung anderer Gruppen ausgeblendet. Wie beurteilen Sie das?
Niemand kann sagen, wie viele Christen weltweit verfolgt werden. Wir tun das auch nicht. Wohl aber lassen sich Brennpunktländer identifizieren. Unser Bericht nennt 18 Staaten, wo es besonders schlimm ist. Es stimmt: Wo Christen verfolgt werden, werden auch andere religiöse Gruppen verfolgt. Genauso wahr ist aber auch: Christenverfolgung geschieht oft mit besonderer Härte. Sei es, weil Christen in einer Region keine politischen Fürsprecher haben oder weil sei den Verfolgern wegen ihrer Lebensweise oder ihrer weltkirchlichen Verbindungen als besonders verhasst gelten.

 

„Wo Christen verfolgt werden, werden auch andere religiöse Gruppen verfolgt.“

Ein zweiter Vorwurf lautet: Wer von Christenverfolgung spricht, arbeitet mit Ressentiments gegenüber dem Islam …
Islam ist nicht gleich Islamismus. Ja, der militante Islam ist eine der Hauptursachen für Christenverfolgung. Aber: Unter dem Terror leiden Muslime genauso, wenn sie die menschenverachtenden Ideale der Extremisten nicht teilen. Und es sollte auch nicht unterschlagen werden, das nationalistische Bewegungen und autoritäre Regime ebenfalls zu den Haupttätern gehören. Nationalismus ist genauso tödlich für Christen wie religiöse Extremismus.

Überlebende einer Fulani-Attacke in Nigeria.
An welche Länder denken Sie, wenn Sie von nationalistischen Bewegungen sprechen?
Ein Beispiel ist Indien, wo die Regierungspartei BJP einen immer militanteren Kurs gegenüber religiösen Minderheiten verfolgt. Das steht unter der Prämisse: „Echter Inder ist nur, wer Hindu ist“. Dass das Christentum seit fast 2000 Jahren zu Indien gehört, wird von diesen Gruppen unterschlagen. Ähnliches stellen wir im Nahen Osten fest, wo Christen schon immer heimisch waren und sind, aber dennoch keine vollen Bürgerrechte genießen. Darum schauen wir sehr genau hin, ob die neue Regierung in Syrien in einer Verfassung den Christen die gleichen Rechte zugesteht.

 

„Länder der Sahelzone sind Epizentrum islamistischer Gewalt“

Um die Christen in welchen Ländern macht sich KIRCHE IN NOT derzeit am meisten Sogen?
Es vergeht keine Woche ohne Schreckensnachricht aus Afrika. Die Länder der Sahelzone sind zum Epizentrum islamistischer Gewalt geworden. Da geht es um politische Macht, um Bodenschätze, um ganze Wirtschaftszweige – aber eben auch immer wieder um Religion. Darum ist es nicht in Ordnung, wenn diese religiösen Aspekte außer Acht gelassen wird.

Auch die jüngsten Ereignisse in Syrien geben Anlass zur Sorge. Niemand kann abschätzen, wie es für die religiösen Minderheiten wie die Christen weitergeht. Die neuen Machthaber haben Religionsfreiheit zugesichert. Sie müssen sich an ihren Taten messen lassen.

Indische Christin mit Kind (Foto: Ismael Martinez Sanchez/KIRCHE IN NOT).
In der Fastenzeit erinnert KIRCHE IN NOT Deutschland besonders an die Christen in Pakistan. Warum?
Pakistan ist – und auch das ist typisch für die Situation verfolgter Christen – ein Land der Gegensätze: Es gibt Kirchen, kirchliche Schulen und Einrichtungen und so weiter. Aber es gibt eben auch brutale Übergriffe auf Christen, oft auf der Basis von falschen Blasphemievorwürfen.

 

In der Fastenzeit besonderer Fokus auf Pakistan

Ein besonders schockierendes Beispiel aus dem vergangenen Jahr: Am 3. Juni 2024 ist der 74-jährige Christ Nazir Gill Masih aus Sargodha im Nordosten Pakistans an den Folgen seiner Verletzungen gestorben. Eine aufgepeitschte Menschenmenge hatte Masih und seine Familie bezichtigt, Seiten des Koran angezündet zu haben. Medienberichten zufolge soll eine Gruppe von bis zu 300 Personen das Haus und die Schuhfabrik der Familie angegriffen haben.

Weitere Vorfälle, nicht nur in Pakistan: Viele christliche Mädchen werden entführt, zwangsverheiratet und missbraucht. Kinder aus christlichen Familien haben keine Chance auf Bildung. Und das geht seit Jahrzehnten so. KIRCHE IN NOT unterstützt deshalb die rechtliche Betreuung von angeklagten Christen, die Traumabehandlung für missbrauchte Mädchen und Bildungschancen für junge Menschen.

Kinder in einer katholischen Schule in Pakistan.
Wie sehen Sie die Lage der Christen in Europa?
In Europa von religiöser Verfolgung zu sprechen, wie es manche tun, ist populistisch. Gleichwohl gilt immer: Wehret den Anfängen! Es gibt Tendenzen, christliche Werte oder Wortmeldungen in öffentlichen Debatten auszublenden. Aber nicht jede Kritik ist Diskriminierung.

 

Ich glaube eher, dass die Kirche bei uns ein Relevanz-Problem hat. Es liegt darum an uns, den Christen in Europa, wie selbstbewusst wir auftreten und welches Zeugnis wir ablegen. Und da können uns die Glaubensgeschwister aus den Ländern mit brutaler Verfolgung ein Vorbild sein.

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Hilfsprojekte der katholischen Kirche in Pakistan

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Unter den Opfern der jüngsten Massaker in der syrischen Küstenregion am vergangenen Wochenende befinden sich auch Christen. Dies teilten Quellen aus der Hafenstadt Latakia, die KIRCHE IN NOT nahestehen, mit. Sie müssen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben.

 

Der 7. März sei für die Bewohner in Latakia, Tartus, Baniyas, Dschabla und den umliegenden Gemeinden „ein sehr schwarzer und schmerzhafter Tag“ gewesen. Unter den Opfern seien auch zwei Angehörige der evangelischen Gemeinde, die in ihrem Auto getötet wurden, sowie der Vater eines Priesters aus Baniyas. Im mehrheitlich von Christen bewohnten Dorf Belma, „wo es keine Waffen gibt und die meisten Einwohner Senioren sind, haben die Menschen zwei Tage Terror erlitten“, berichteten die anonymen Quellen. Auch sei es zu Plünderungen und Angriffen auf Privateigentum gekommen.

Bewohner von Aleppo feiern den Machtwechsel auf den Straßen. © HiBa/KIRCHE IN NOT
Die Mehrheit der Opfer der jüngsten Gewalteskalation seien jedoch Angehörige der Religionsgruppe der Alawiten, darunter viele Zivilisten. Die Massaker hätten sich infolge eines Hinterhaltes alawitischer Milizen ereignet, bei dem etwa 20 Angehörige der neuen staatlichen Sicherheitskräfte getötet worden seien.

 

Kirchen verurteilen Gewalt

Die christlichen Kirchen Syriens haben die Eskalation in mehreren Stellungnahmen verurteilt. Bischof Hanna Jallouf, Apostolischer Vikar von Aleppo und Vertreter der Christen des lateinischen Ritus in Syrien, schrieb: „Wir schließen uns der Stimme aller ehrlichen und patriotischen Menschen in diesem Land an und betonen unsere Ablehnung jeglicher Form von Gewalt, Rache und Vergeltung aus konfessionellen und religiösen Gründen. Wir appellieren an die Behörden des Landes, diese Angriffe, die mit allen menschlichen, moralischen und religiösen Werten unvereinbar sind, rasch zu beenden.“

Christen in Aleppo beim Sonntagsgottesdienst nach dem Machtwechsel in Syrien. © Jacob/Kirche in Not
Die Erklärung erinnert auch an das Versprechen von Präsident Ahmed al-Sharaa, diejenigen, die Zivilisten angreifen, zur Rechenschaft zu ziehen und „die notwendigen Veränderungen herbeizuführen, um das Land in Richtung Sicherheit zu führen“. Darüber hinaus bekräftigt sie das Bekenntnis zur territorialen Einheit Syriens und lehnt jeden Versuch ab, das Land zu spalten.

 

Religiöse Symbole geschändet

Der griechisch-orthodoxe Patriarch Johannes X. von Antiochien hatte in einer Predigt am vergangenen Sonntag die Gewalt in der Küstenregion verurteilt und daran erinnert, dass in einem Stadtteil von Baniyas bei den Unruhen auch religiöse Symbole geschändet worden seien: „Die Ikone der Jungfrau Maria wurde zerschlagen, mit Füßen getreten und entweiht. Sie ist die Jungfrau Maria, die neben uns auch alle Muslime verehren und der im Koran ein ganzes Kapitel gewidmet ist.“

Regina Lynch, geschäftsführende Präsidentin von KIRCHE IN NOT International
Die Geschäftsführende Präsidentin von KIRCHE IN NOT (ACN), Regina Lynch, erklärte angesichts der jüngsten Ereignisse: „In diesem Moment des Schmerzes und des Leids wenden wir uns der einzig wahren Quelle des Friedens zu, dem Gebet. Wir müssen jetzt mehr denn je für die Heilung und eine gute Zukunft Syriens beten. Möge Christus diese leidgeprüfte Nation erhellen!“
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Christen in Syrien

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Ein Stadtteil in der libanesischen Hauptstadt Beirut, der aus Sicherheitsgründen ebenso anonym bleiben muss wie viele der genannten Personen: Gewalt und Kriminalität sind hier an der Tagesordnung.

 

Besonders betroffen sind Mädchen und junge Frauen, erzählt Schwester Marie Akl von der Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten gegeüber KIRCHE IN NOT: „Viele Mädchen aus benachteiligten Familien haben traumatische Erfahrungen gemacht, leiden unter Angstzuständen, Depressionen, Bindungsstörungen und haben Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen.“

Hausaufgabenbetreuung im Schutzzentrum der Schwestern vom Guten Hirten in Beirut.
Die Schwestern vom Guten Hirten betreiben ein Schutzzentrum, das KIRCHE IN NOT unterstützt. Mädchen können hier am Nachmittag nach der Schule lernen und ihre Freizeit verbringen. Es gibt Mal- und Tanzkurse – und auch Unterricht in Selbstverteidigung: „Die jungen Frauen sollen lernen, sich bei einem Angriff zu verteidigen“, erklärt Schwester Marie, denn: „Wir können ihre Umgebung nicht verändern, aber wir können ihnen helfen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und den Kreislauf des Traumas zu durchbrechen.“ Dazu sind die Schwestern und ihre Mitarbeiterinnen psychologisch geschult, denn der Zugang zu Therapeuten und Kliniken sei oft unmöglich oder zu teuer.

 

Kirche springt ein, wenn staatliche Einrichtungen aufgeben müssen

Hinzu kommt, dass wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise im Libanon viele staatliche Hilfseinrichtungen schließen mussten. „Doch die Zahl der gefährdeten jungen Menschen steigt“, stellt Schwester Marie fest. Kirchliche und private Stellen schließen deshalb die Lücke. „Uns liegt diese Aufgabe sehr am Herzen, weil wir wissen, dass auch Jesus diese Jugendlichen am Herzen liegen. Ohne Unterstützung wären sie Drogen, Kriminalität und Prostitution ausgesetzt“, betont die Ordensfrau.

Kinder aus Libanon danken für die Hilfe von KIRCHE IN NOT (Archivbild).
Dass es auch anders geht, wird an der Geschichte eines Mädchens deutlich, die Schwester Marie ein Jahr lang intensiv begleitet hat: „Sie war damals 14 Jahre alt. Ihr Vater hatte sie schrecklich misshandelt.“ Schließlich war ihre Mutter mit ihr geflüchtet. „Sie hatte sogar den Namen geändert, weil sie Angst hatte, dass der Vater sie ausfindig machen und umbringen würde.“

 

Ein mühsamer Weg

Das traumatisierte Mädchen war nicht in der Lage, das Haus zu verlassen. Schließlich konnte ihre Familie sie überreden, ins Schutzzentrum zu gehen. Schwester Marie hat sie psychologisch begleitet: „Sie konnte sich nicht einmal im Spiegel anschauen. Jetzt, nach einem Jahr, steht sie vor dem Spiegel, hat keine Angst mehr, geht raus und trifft Freunde. Sie fühlt sich sicher“, stellt Schwester Marie stolz fest.

Kirche und Blaue Moschee in Beirut.
Dennoch möchte die Ordensfrau nicht von Erfolgen sprechen. Denn die Begleitung der jungen Frauen sei oft mühsam, es gäbe Rückschläge und Enttäuschungen. Doch viele der hier betreuten Mädchen seien auf dem Weg zum Schulabschluss, sie hätten sich zu mutigen jungen Frauen entwickelt – nicht nur wegen der Selbstverteidigungskurse.

 

Mädchen haben sich zu mutigen jungen Frauen entwickelt

„Wir bieten hier, was die meisten Mädchen im Stadtviertel nicht haben: einen sicheren und ruhigen Ort“, bilanziert Schwester Marie. „Wir geben ihnen Werkzeuge an die Hand, die es ihnen ermöglichen, in Zukunft ein Vorbild der Veränderung für andere zu sein.“

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